Grübeln

Die Therapie von Grübelgedanken (Lesedauer: 6 Minuten)

Grübeln oder auch Rumination (= Wiederkäuen der Nahrung bei bestimmten Tierarten) ist eine Form des Nachdenkens, ohne dabei eine Lösung zu finden. Es unterscheidet sich somit vom nützlichen und „lösungsorientierten“ Nachdenken, findet oft in Form von Gedankenkreisen statt und führt bei vielen Menschen zu einer deutlichen Beeinträchtigung im Leben.

Grübeln gilt als wesentlicher Faktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Depressionen, Angststörungen und vielen anderen psychischen Störungen. Deshalb kann es in der Therapie und auch außerhalb wichtig sein, Grübelneigungen zu behandeln bzw. zu reduzieren.

Durch einen Teufelskreis verstärken sich Grübelgedanken häufig selbst: Unruhe/ Angst verstärkt das Grübeln, und durch verstärktes Grübeln wird die Unruhe und die Angst stärker, was wiederum das Grübeln verstärkt… Wir sollten uns also klarmachen, dass Grübeln negative Gefühle zur Folge hat, keine Lösung mit sich bringt und uns somit schadet.

Aus den oben genannten Gründen sollte kurzfristig alles probiert werden, um das aktuelle Grübeln zu unterbrechen. Ist dies gelungen, sollte die Aufmerksamkeit unverzüglich auf etwas neutrales oder positives gelenkt werden. Idealerweise verstärkt dies die Stimmung und reduziert somit die Grübelneigung. Wenn die Gedanken erneut kommen sollte es leichter sein, das Problem zu lösen oder anders zu bewerten

Ein Schritt für Schritt Plan gegen das Grübeln:

Kurzfristig:

Grübelstop! : Stellen Sie sich ein STOP! Schild vor. Alternativ können Sie auch laut STOP! sagen, und mit einer Handbewegung die Gedanken „wegschieben“. Sie können sich auch ein STOP! Schild aus dem Internet ausdrucken und als Erinnerung irgendwo hinterlegen, oder den Handywecker stellen mit einer Erinnerung. Ganz wichtig: Im Anschluss lenken Sie Ihren Fokus auf etwas anderes. Da Gedankenunterdrückung nicht funktioniert (weil die Gedanken verstärkt wiederkommen), im Anschluss an den Grübelstop die Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken

Grübelort! : Begrenzen Sie Ihre Grübeleien auf maximal 5-10 Minuten. Suchen Sie sich einen Ort, an dem Sie sich zu einer bestimmten Zeit einige Minuten Grübeln erlauben. Dies könnte z.B. ein bestimmter Stuhl sein, auf den Sie sich um 18 Uhr setzen und dann täglich zwischen 18:00 und 18:10 Grübeln. Halten Sie diese Zeit begrenzt und benutzen Sie den Ort nur zum Grübeln.

Aktiv werden! : Bei hartnäckigen und emotionalen Grübeleien sollten Sie aktiv werden. Treiben Sie Sport, unternehmen Sie etwas, rufen Sie einen Freund an, lösen Sie Kreuzworträtsel oder verbessern Sie ihre Körperhaltung, in dem Sie z.B. die Arme in die Höhe heben und jubelnd zwei Minuten abwarten.

Langfristig:

Neubewerten! : Stellen Sie sich vor, sie würden das Problem der Grübelgedanken einer Gruppe von zehn Menschen vorstellen. Wie schwerwiegend wäre es dann noch? Oder vor einer Gruppe von Krebskranken Menschen. Wie gehaltvoll wären die Grübeleien dann? Führen Sie Neubewertungen durch wie z.B. „Ich nehme diese Situation als Herausforderung an“. „Durch solche Probleme werde ich immer stärker“ oder „Wenn ich diese Situation meistere, wird es mir in Zukunft leichter fallen ähnliche Situationen zu meistern“.

Problemlösen! : Überlegen Sie, was Sie konkret stört, was genau das Problem ist und wie Sie es lösen können. Durch abwägen von positiven und negativen sowie langfristigen und kurzfristigen Folgen einer Lösung können Sie leichter eine Entscheidung treffen. Verdrängte Probleme kommen wieder.

Atemtechniken! : Eine verlangsamte Atmung wirkt sich auf das Gehirn aus und verlangsamt die Grübelgedanken. Zählen Sie z.B. Ihre Atemzüge, oder sagen Sie sich innerlich beim Einatmen „Ein“ und beim Ausatmen „Aus“. Üben Sie das mehrmals täglich für 5-10 Minuten. Mit der Zeit wird es Ihnen immer leichter fallen.

Vorwärts- und Rückwärtsgrübeln beenden! : Vorwärtsgrübeln beinhaltet Dinge die in der Zukunft stattfinden werden. Ihr Gehirn hält diese Gedanken für die Realität und Sie werden dadurch emotional belastet, obwohl noch nichts passiert ist. Häufig passiert auch genau das, worüber Sie nicht gegrübelt haben. Rückwärtsgrübeln beinhaltet bereits geschehene Dinge. Sie können diese nicht mehr ändern.

Nächtliches Grübeln! : Sollten Sie im Bett Grübeln, versuchen Sie dies besonders strikt zu vermeiden, in dem Sie aufstehen und sich mit etwas anderem beschäftigen. Kehren Sie erst zurück, wenn Sie müde sind. Sie können sich auf das Gefühl im Bett konzentrieren oder Atemübungen machen, um besser einzuschlafen.

-> Alle diese Techniken brauchen Zeit und Übung um sie zu lernen. Geben Sie sich diese.

Weitere Techniken:

Angst und andere „negative“ Gefühle verstärken Grübelgedanken, weshalb angstsenkende Verhaltensweisen (Bewegung, Entspannung, angenehme Aktivitäten) auch die unangenehmen Gedanken reduzieren. 

Achtsamkeit reduziert die neuronalen Verbindungen des Grübelns mit negativen Gefühlen. Kommen und gehen lassen. Mit der Zeit schwächen sich Verbindungen zwischen depressiven Gedanken ab. Lektion: Meine Gedanken sind nicht automatisch wahr und müssen mein Handeln nicht beeinflussen. -> Distanz zwischen mich und den Gedanken bekommen.

Quellen:

Barnow, S. (2017). Gefühle im Griff!: Wozu man Emotionen braucht und wie man sie reguliert. Springer Verlag.

Nolen-Hoeksema, S., Wisco, B. E., & Lyubomirsky, S. (2008). Rethinking Rumination. Perspectives on Psychological Science, 3(5), 400–424. https://doi.org/10.1111/j.1745-6924.2008.00088.x