Entstehung

Wie entstehen chronische Schmerzen?

Wie zuvor aufgezeigt wurde, unterscheiden wir zwischen akutem und chronischem Schmerz. Beide Schmerzarten sind unterschiedlich zu behandeln. Etwa 10 % der Menschen sind mit traditionellen Behandlungsmethoden nicht ausreichend behandelbar.

Es gibt verschiedene Theorien, wie akute Schmerzen chronisch werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass chronische Schmerzen über eine lange Zeit „erlernt“ bzw. verstärkt werden. Und demnach auch wieder „verlernt“ bzw. umgelernt werden können.

Ich bilde mir die Schmerzen doch nicht nur ein?

Häufig suchen Betroffene jahrelang nach der Ursache ihrer Schmerzen. Doch es wird meistens keine ausreichend erklärende körperliche Ursache gefunden, häufig bekommen die Menschen das Gefühl, sich die Schmerzen nur einzubilden oder „Simulanten“ zu sein. Das tut weh und in Folge dessen wird häufig noch stärker versucht, eine Ursache zu finden, was dann wiederum zu Frustration führt. Keine Ursache bedeutet in dem Fall häufig keinen „Grund“ für die Schmerzen. Durch viel Forschung wissen wir heute aber, dass dies nicht stimmt. Die Schmerzen werden subjektiv erlebt und sind somit real, egal ob eine körperliche „Ursache“ gefunden wird oder nicht.

Auch die Frage, ob die Schmerzen somatisch (körperlich) oder psychisch sind, erübrigt sich. Im Falle von chronischen Schmerzen sind beide Bereiche involviert.

Das bio-psycho-soziale Modell:

Wenn wir in der Schmerztherapie den Schmerz genauer betrachten, beziehen wir immer folgende drei Bereiche mitein:

Somatische („körperliche“, biologische) Faktoren: Viele somatische Faktoren können Einfluss auf das Schmerzempfinden haben. Neben körperlichen Schädigungen (Verletzungen) spielen u.a. auch Veränderungen der Muskulatur (z.B. Verspannungen), Bänder (Verkürzungen) oder Nerven eine große Rolle. Was nun „Auslöser“ des Schmerzes und was die Folge ist, lässt sich gewöhnlich nicht sagen. Es ist deshalb ratsam, die Ursachensuche zu reduzieren und den Fokus auf die Therapie zu lenken.

Psychologische Faktoren: Sowohl für die Schmerzen an sich als auch die daraus folgenden Beeinträchtigungen spielen psychologische Faktoren eine wichtige Rolle. Aus der Forschung wissen wir inzwischen, dass Gefühle wie Angst, Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit genauso wie Schonverhalten, Rückzug und Grübelgedanken die Schmerzen verstärken.

Soziale Faktoren: 

Bei chronischen Schmerzen sind immer sowohl körperliche als auch psychologische Faktoren involviert.

Ein typischer Teufelskreis kann dann so aussehen:

Es können, müssen aber nicht körperliche Defizite und eine anschließende Verletzung vorliegen. In folge eines dauerhaften Schmerzes verändern sich die Betroffenen. Sie verändern sich auf körperlicher Ebene (Rückzug, Beweglichkeitsverlust, Verspannungen, körperliche Fitness sinkt), psychologischer Ebene (Hiflosigkeit, Trauer, Wut, Depression, Grübelgedanken, Schlafprobleme,….) sowie sozialer Ebene (Sozialer Rückzug, Jobverlust, Konflikte im Familie und Freundeskreis)

All diese bio-psycho-sozialen negativen Konsequenzen verstärken dann wiederum den Schmerz. Der verstärkte Schmerz verstärkt dann wiederum die negativen Konsequenzen und so weiter. Ein sich selbst verstärkender Teufelskreis entsteht, durch den Betroffene im Alltag immer mehr eingeengt werden (z.B. durch Verspannungen, Schonhaltung, negativen Gedanken und Gefühlen), sozialer Rückzug) und die Schmerzen immer stärker werden.

So entstehen im Laufe der Jahre immer stärkere, im Körper sich ausbreitende Schmerzen.

Schonhaltung sowie Vermeidungsverhalten sind automatische Reaktionen auf akuten und chronischen Schmerz. Trotzdem helfen diese Verhaltensweisen nur kurzfristig, langfristig erhöht und chronifiziert sich das Schmerzempfinden.

Gedanklich wird versucht, sich auf die Schmerzen einzustellen, mit der Zeit kommen Gedanken hinzu wie „Ich kann nichts tun gegen die Schmerzen“, „Der Schmerz macht mich fertig“, „Ich halte es nicht aus“ usw. Dies führt zu seelischem Leid wie Frustration, Angst, Depression. Häufig sind chronische Schmerzen von psychischen Erkrankungen begleitet.

Häufige dysfunktionale gedankliche Beschäftigung mit dem Schmerz führt zu einer intensivierung sowie chronifizierung des Schmerzes. 

Während bei Akutschmerz also das körperliche im Fokus steht, kommen bei chronischen Schmerzen neben dem körperlichen (somatischen) auch gedankliche (kognitive) sowie verhaltensbezogene (behaviorale) Aspekte hinzu.

Frau X. berichtet „schon immer“ gelegentlich Rückenschmerzen gehabt zu haben. In einer Phase von mehrfachbelastung am Arbeitsplatz habe sie einen Bandscheibenvorfall gehabt. Im Anschluss habe sie sich zwar zurückgezogen und auskuriert, die Schmerzen seien aber seit damals immer häufiger gekommen und nun dauerhaft vorhanden. Sie habe schon alles ausprobiert und viele Arztbesuche hinter sich.

Dies ist ein typisches Beispiel einer Schmerzgeschichte. In Folge der Verletzung der Patientin hat sie sich häufiger zurückgezogen und geschont. Sie hat ihre Körperhaltung verändert, was zu Verspannungen geführt hat. Zeitgleich hat sie immer mehr Angst bekommen, durch eine falsche Bewegung erneut Schmerzen zu haben. Dies alles erhöhte ihre Konzentration auf den Schmerz. Die vielen Arztbesuche haben sie frustriert und sowohl Traurig als auch wütend und hoffnungslos gemacht. Durch die Schmerzen zieht sie sich häufiger zurück und schont sich für gewöhnlich zuhause. Hierdurch hat sie den Anschluss an Freunde und Arbeit verloren. 

Was ist hier das Problem?

Komorbiditäten

Treten die Schmerzen regelmäßig auf und werden diese nicht richtig behandelt, erhöht das die Chance deutlich, langfristig an chronischen Schmerzen zu leiden. Häufig kommen körperliche und verschiedene psychische  Leiden hinzu (v.a. Depression, Angststörungen, Substanzkonsum).

Kommentare sind geschlossen.