Komplex Regionales Schmerzsyndrom (CRPS)

Komplex Regionales Schmerzsyndrom (CRPS)

Das Komplex Regionale Schmerzsyndrom (CRPS; manchmal auch sympathische Reflexdystrophie oder Morbus Sudeck genannt), ist ein seltenes Schmerzsyndrom, das bei etwa 2–5% der Patienten nach einer Verletzung/Trauma auftritt. Das Syndrom sollte innerhalb etwa 2-3 Monate nach der Verletzung auftreten. Von diesen Fällen remittieren etwa 50% weitestgehend. Dabei ist die Prognose besser, je früher die Krankheit entdeckt und therapiert wird. 

Symptome

Die Symptome können sehr unterschiedlich sein und sich auch im Verlaufe der Erkrankung verändern, was eine Diagnostik erschwert. Die Symptomatik wie z.B. die schwere der Schmerzen stehen hierbei nicht in direkter Verbindung zu einer strukturellen Schädigung der betroffenen Stelle. Vielmehr scheint sich eine Entzündungsreaktion abseits der Verletzung zu entwickeln, die dann wiederum zu Funktionseinschränkungen bis hin zum Funktionsverlust der Körperstelle führen kann.

In folgenden Bereichen zeigen sich häufig Symptome:

Sensorische Störungen: 

  • Hyperalgesie: ist eine verstärkte Empfindlichkeit gegenüber Schmerzreizen. CRPS Patienten reagieren häufig besonders auf Druckschmerzen.
  • Allodynie: Schmerz verursacht durch Reize, die normalerweise keine Schmerzen verursachen, wie leichter Druck oder Berührung.
  • Patienten können auch auf Berührungen oder Wärme mit starken Schmerzen reagieren.
  • Neglect-like-Symptom: bei CRPS bezieht es sich auf Veränderungen in der Wahrnehmung des eigenen Körpers. Hierbei können Betroffene Teile ihres Körpers ignorieren oder fühlen, als ob sie nicht zu ihnen gehören. Das kann zu einer Art Vernachlässigung oder Minderbewertung der betroffenen Körperregion führen.

Motorische Störungen:

  • Einschränkungen/ Störungen der Beweglichkeit
  • Störungen der Feinmotorik
  • Kraftminderung
  • Seltener:  Tremor (unwillkürliche, rhythmische Zitterbewegungen), Myoklonien ( schnelle, unwillkürliche Muskelzuckungen) und fixierte Dystonien (Muskelkontraktionen führen zu Muskelsteife)

Autonome Störungen:

  • Veränderung der Hautdurchblutung (Temperatur und Farbe)
  • Schwellungen
  • Hyperhidrose (Übermäßige Schweißproduktion

Trophische Störungen: Veränderungen bei Haaren, Nägeln, Bindegewebe, Muskeln und Knochen

Psychologische Störungen: Es wird nicht davon ausgegangen, das psychische Störungen die Erkrankung direkt und kausal auslösen. Allerdings scheinen bestimmte Faktoren die Chronifizierung der CRPS negativ zu beeinflussen. Hierzu zählen laut Leitlinie:

  • Psychische Vortraumatisierungen
  • Aggressive und dependente Verhaltensweisen
  • Erhöhte Ängstlichkeit
  • Affektlabilität
  • Schlafstörungen
  • Depressive Stimmungen, verbunden mit Selbstwert und Selbstbildproblemen

Die genannten Faktoren können den Therapieverlauf negativ beeinflussen, weshalb auch von psychischer Seite eine frühzeitige Behandlung begonnen werden sollte.

  1. Anhaltender Schmerz, der durch das Anfangstrauma nicht mehr erklärt wird
  2. Die Patienten müssen über jeweils mindestens 1 Symptom aus 3 der 4 folgenden
    Kategorien in der Anamnese berichten:
    a. Hyperalgesie (Überempfindlichkeit für Schmerzreize); „Hyperästhesie“
    (Überempfindlichkeit für Berührung, Allodynie)
    b. Asymmetrie der Hauttemperatur; Veränderung der Hautfarbe
    c. Asymmetrie des lokalen Schwitzens; Ödem
    d. Reduzierte Beweglichkeit, Dystonie, Tremor, „Paresen“ (im Sinne von
    Schwäche); Veränderungen von Haar- oder Nagelwachstum.
  3. Bei den Patienten müssen jeweils mindestens 1 Symptom aus 2 der 4 folgenden
    Kategorien zum Zeitpunkt der Untersuchung vorliegen:
    a. Hyperalgesie auf spitze Reize (z.B. Zahnstocher); Allodynie; Schmerz bei Druck
    auf Gelenke/Knochen/Muskeln
    b. Asymmetrie der Hauttemperatur; Veränderung der Hautfarbe
    c. Asymmetrie des lokalen Schwitzens; Ödem
    d. Reduzierte Beweglichkeit, Dystonie, Tremor, „Paresen“ (im Sinne von
    Schwäche); Veränderungen von Haar- oder Nagelwachstum
  4. Eine andere Erkrankung erklärt die Symptomatik nicht hinreichend.

Quelle: IASP-Diagnosekriterien für CRPS Budapest-Kriterien der internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes

Therapie:

Möglichst früh sollte eine multidisziplinäre Therapie begonnen werden zur Behandlung der Funktionsverluste (z.B. der Beweglichkeit), der Schmerzen und der psychischen Begleiterkrankungen.

  • Psychoedukation: Erklärung und Vermittlung von Wissen über die Erkrankung
  • Physiotherapie: Bewegungsübungen, physikalische Therapie und spezifische Rehabilitationstechniken können helfen, die Beweglichkeit zu verbessern, die Muskelkraft wiederherzustellen und die Funktion der betroffenen Extremität zu erhalten. Nach Absprache Üben in Eigenverantwortung.
    • Zuerst sollte versucht werden, dem zunehmenden „Nichtgebrauch“ (disuse) der betroffenen Stellen entgegenzuwirken. D.h. anstatt die schmerzhafte Extremität zu schonen und so negative Spätfolgen zu riskieren, sollte diese im Alltag besser benutzt und bewegt werden.
    • Zur Ödembehandlung eignen sich sich Lymphdrainagen und lokale Kühlung
    • Sobald der Schmerz eine Aktivierung ermöglicht, kann mit dieser am betroffenen Gelenke begonnen werden. Später schließen sich Belastungsübungen und im Fall der unteren Extremität entsprechend Gangschulung, evtl. mit Hilfsmitteln, an. Wenn Sie sich trauen, die erkrankte Extremität trotz Schmerzen selbst zu bewegen, sollten sie dies in jeder Phase tun.
    • „Pain Exposure Physical Therapy“: Physiotherapie wird durchgeführt trotz Schmerzen. Diese sollen auch weniger thematisiert werden. Dies führt zu Verbesserungen der Funktion sowie der Schmerzwerte.
    • Ergotherapie: Es wird versucht schmerzhafte Bewegungen zu reduzieren, normale Empfindungen wiederherzustellen und die alltägliche Funktionalität zu verbessern. Dies geschieht durch Desensibilisierung der von Allodynie betroffenen empfindlichen Hautbereiche, schrittweise Einführung schmerzfreier Bewegungen und Feinmotoriktraining, zunächst ohne und später mit Widerstand. Falls erforderlich, kann eine Korrektur der Körperhaltung mit Hilfsmitteln erfolgen.
    • Weitere Verfahren sind Spiegeltherapie (eher bei akuten Fällen), „Graded Motor Imagery Program“ (eher bei chronischen Fällen) und „Graded Exposure“ (Laut Studienlage reduzieren sich hierdurch die Schmerzen, es verbessert sich die Funktion und Behinderung)
    • Die aktive Mitarbeit des Patienten und regelmäßiges Üben sind dabei entscheidend.
  • Medikamentöse Therapie: Schmerzmittel, entzündungshemmende Medikamente oder auch spezifische Medikamente gegen neuropathische Schmerzen können eingesetzt werden, um die Schmerzsymptome zu lindern. Systemisch z.B: mit Bisphosphonate, Stereioiden oder N-Acetylcystein (NAC). Zur Behandlung der Schmerzen z.B. Gabapentin, Ketamin und Memantine. Die topische medikamentöse Therapie mit Dimethylsulfoxid (DMSO). 
  • Psychologische Therapie: Eine Psychotherapie kann helfen, mit den emotionalen Auswirkungen der Schmerzen und den Einschränkungen des täglichen Lebens umzugehen. Psychische Begleiterkrankungen, die den Therapieverlauf des CRPS beeinflussen, können hierdurch verbessert werden. Außerdem können Ängste reduziert werden.
  • Unterstützende Maßnahmen: Mit Bezug zum bio-psycho-sozialen Modell können viele weitere individuelle Faktoren bei der Therapie helfen, wie z.B. Stressreduktion.
Für weitere Therapieansätze klicken Sie hier: CRPS Netzwerk, Therapie und Behandlung

Beispielhafter Therapieablauf:

  1. Reduktion Ruheschmerz und Ödem: Medikation, Aufklärung über CRPS,  psychische Diagnostik und stützende Gespräche, Reduktion Ängste, Entspannung zur Stressreduktion, Ablenkungstechniken, Ressourcenförderung.
  2. Wiederherstellung der Bewegung und Belastbarkeit: Medikation, Desensibilisierung, Aktivität Gelenke, spezielle psychische Interventionen. Vorbereitung somatosensorisches Training.
  3. Funktionstraining und psycho-soziale Reintegration: Ausschleichen der Medikation, Training motorische Fähigkeiten, Bewegung, Krafttraining, Eigenaktivitäten und Ressourcenaufbau, Berufliche Planung, Abbau Zielkonflikte

Weitere Hilfe gibt es u.a. beim CRPS Netzwerk oder Schmerzgesellschaft

Quellen:

Birklein F. et al., Diagnostik und Therapie komplexer regionaler Schmerzsyndrome (CRPS), S1-Leitlinie, 2018; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 20.12.2023)

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